TOD UND VEREHRUNG DES STIFTERS

       Wenige Tage, nachdem das Weiterbestehen der Marienschwestern gesichert war, starb Johannes Schneider im Alter von erst 52 Jahren. Er litt seit langem an einer Magenkrankheit, die ihn seit 1853 dreimal zu mehrwöchigen Kuraufenthalten gezwungen hatte. Ansonsten hatte er sich offenbar keinen Urlaub gegönnt.

       Seine letzten Worte an die Schwestern, die in der späteren Kongregation eine starke Wirkung entfalteten, waren: "Ich werde in der Ewigkeit eurer stets im Gebete gedenken, ich werde über euch wachen. Bleibet einig! Wollt ihr mir dankbar sein, so übt in meinem Namen ein Werk der Barmherzigkeit."

       Schneider starb am 7. Dezember 1876 in Breslau. Das Requiem in St. Matthias zelebrierte am 11. Dezember Robert Spiske. Seine Ruhestätte fand Schneider auf dem Friedhof in Oswitz (Wrocław-Osobowice). Seine Gemeinde setzte ihrem Pfarrer auf dem Friedhof von St. Matthias ein Grabdenkmal.

       Die Todesanzeigen gaben Auskunft über Schneiders weit gespannte Tätigkeit über seine Gemeinde und das St. Marienstift hinaus. Er wirkte mit in der Schlesischen Blindenunterrichtsanstalt, im Verein für den Unterricht und die Erziehung Taubstummer sowie in der Leitung einer höheren Töchterschule.

       Schneider hinterließ ein Werk, das aus einer kirchlich noch nicht anerkannten Gemeinschaft von neun Schwestern bestand, die aber über ein eigenes Haus verfügte und die staatlichen Korporationsrechte besaß. Nach dem Abklingen des Kulturkampfes nahm die Gemeinschaft raschen Aufschwung. 1890 erkannte sie der Breslauer Fürstbischof Georg Kopp an, und 1897 wurde sie zu einer Kongregation päpstlichen Rechts. Vor dem Zweiten Weltkrieg gehörten ihr 831 Schwestern an, die in 115 Niederlassungen arbeiteten. Heute sind über vierhundert Schwestern in sechs Ländern tätig: neben Deutschland und Polen in Italien, in der Ukraine, in Lettland und in Tansania, wo 1990 ein afrikanisches Noviziat eröffnet wurde. Die Arbeitsgebiete haben sich von der ursprünglichen Mädchenarbeit auf Krankenpflege, Erziehung, Betreuung von Alten und Behinderten, Religionsunterricht, Gemeindearbeit und Mission ausgeweitet.

       Die Erinnerung an Johannes Schneider hielten mehrere Veröffentlichungen wach: Beim Neubau des Mutterhauses in Breslau wurde 1891 eine kleine Biographie gedruckt, und zum fünfzigsten Todestag erschien 1926 eine Würdigung im Oberschlesischen Jahrbuch für Heimatgeschichte und Volkskunde.

       Während des Zweiten Weltkrieges wurden Schneiders sterbliche Überreste umgebettet, da auf dem Friedhof in Oswitz größere Flächen eingeebnet werden sollten, auf denen sich auch sein Grab befand. Seine Gebeine wurden am 1. Dezember 1944 auf den Laurentiusfriedhof (cmentarz świętego Wawrzyńca) übertragen, wo inzwischen auch zahlreiche Marienschwestern ihre letzte Ruhestätte gefunden hatten. Bei der Exhumierung fand man das völlig unversehrte Sterbekreuz. Einige Gebeine überführte die Generaloberin Mutter M. Roswitha Mix in das Mutterhaus und bewahrte sie in einem Silberreliquiar auf.

       Die Verehrung des Stifters blieb in der Kongregation lebendig. Seine Mahnung: "Bleibt einig" stand den polnischen und deutschen Schwestern immer vor Augen und trug maßgeblich dazu bei, dass sie in den Spannungen der Nachkriegszeit die Einheit der Kongregation bewahrten.

       Als das Erzbischöfliche Ordinariat Wrocław (Breslau) 1969 beschloss, verstorbene Ordensstifter in Kirchen beizusetzen, wurde Johannes Schneider am 19. April 1969 in der Kirche Najświętszej Marii Panny na piaskach (Sandkirche) bestattet, da er dort tätig gewesen war.

       Sein hundertster Todestag im Jahre 1976 wurde in Wrocław und Riegersdorf mit mehreren feierlichen Gottesdiensten begangen unter Beteiligung des Breslauer Erzbischofs Henryk Gulbinowicz und eines Vertreters des polnischen Primas Stefan Kardinal Wyszyński.

       Das Generalkapitel der Marienschwestern beschloss 1987, alle schriftlichen Unterlagen zu sammeln, die sich auf den Stifter bezogen. Seitdem trug man in der Kongregation alles zusammen, was einer eventuellen Seligsprechung dienen konnte.

       1991 brachte man in der Pfarrkirche in Rudziczka (Riegersdorf), wo Schneider die Taufe empfangen hatte, eine Gedenktafel an. Drei Jahre später wurde an der Stelle, wo sein Elternhaus in Mieszkowice (Dittmannsdorf) gestanden hatte, eine Marienstatue aufgestellt.

       Am 24. Januar 1995 gab der Breslauer Erzbischof Kardinal Gulbinowicz als zuständiger Ordinarius seine Zustimmung zur Sammlung des Materials für die Vorbereitung des Seligsprechungsprozesses.

 

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