BEMÜHEN UM KIRCHLICHE ANERKENNUNG

       Die Schwestern im St. Marienstift lebten wie eine Ordensgemeinschaft, obwohl ihre Gemeinschaft nicht kirchlich anerkannt war. Auch im Breslauer Ordinariat herrschte Unklarheit über ihren Status. Im Dezember 1864 erhielt Schneider eine Aufforderung des Generalvikars, ihm die Zahl der Schwestern und Kandidatinnen mitzuteilen, damit er sie in eine Liste der Klöster und Kongregationen aufnehmen könne. Schneider erwiderte, die Marienschwestern gehörten weder einem Orden noch einer Kongregation an und könnten daher in einer solchen Liste nicht erscheinen. Während sich die äußeren Formen einer Ordensgemeinschaft entwickelten, wollte Schneider in der Öffentlichkeit nichts über seine Absicht verlauten lassen, eine Kongregation zu gründen, und bewahrte auch dem Fürstbischof gegenüber Stillschweigen.

       Der Breslauer Oberhirte war gegen die Gründung einer neuen Kongregation. Dies zeigte sich 1865, als ein Ehepaar dem St. Marienstift eine große Summe als Stiftung geben wollte, wenn die Marienschwestern als Kongregation anerkannt würden. Das Fürstbischöfliche Ordinariat lehnte den Stiftungsvertrag mit der Begründung ab, es sehe keine Notwendigkeit für die Gründung einer neuen Kongregation.

       Erst 1867 wandte sich Schneider erstmals mit diesem Anliegen an den Fürstbischof und bat ihn, die Marienschwestern als Kongregation anzuerkennen. Förster war dazu nicht bereit, denn er befürchtete rechtliche Verwicklungen, da die Marienstiftung die Korporationsrechte erhalten hatte und ihr Verhältnis zu der geplanten Kongregation unklar war. Auch meinte er, die Gemeinschaft sei noch so stark auf die Person des Stifters ausgerichtet, dass es nicht sicher sei, ob sie auch ohne ihn Bestand haben werde.

       Schneider versuchte vergeblich, diese Bedenken zu zerstreuen. Obwohl der Fürstbischof die Kongregation seinerseits nicht anerkennen wollte, erklärte er sich 1868 bereit, einen entsprechenden Antrag nach Rom zu schicken. Da die Unterlagen dort verloren gingen, bekam Johannes Schneider zu seinen Lebzeiten keine Antwort mehr darauf.

       Förster verweigerte auch die Erlaubnis, in der Kapelle des St. Marienstifts die heilige Messe zu feiern. 1860 hatte man in einem kleinen Raum eine bescheidene Hauskapelle eingerichtet, die nur mit einem Bild der Muttergottes von Tschenstochau geschmückt war; hinter einem Vorhang standen noch einige Betten, weil man den Platz für die Übernachtung der Dienstmädchen benötigte. In der Kapelle verrichteten die Mitarbeiterinnen, Schwestern und Bewohner ihre Morgen- und Abendgebete. 1867 wurden die Betten entfernt, und der Raum wurde schön ausgestattet mit einem neuen Altar, Glasfenstern und Heiligenfiguren. Als Schneider den Fürstbischof bat, hier die heilige Messe feiern zu dürfen, erhielt er zur Antwort, der in unmittelbarer Nähe gelegene Dom biete ausreichend Gelegenheit zum Messbesuch und die Bewohner des Stiftes seien ohnehin zum Besuch der öffentlichen Gottesdienste an Sonn- und Feiertagen verpflichtet, weil sie keine kirchliche anerkannte Kongregation bildeten.

       Ende 1868 kam es zu öffentlichen Auseinandersetzungen um die Marienschwestern. Die Schlesische Zeitung kritisierte im November, dass sie ähnlich gekleidet seien wie die protestantischen Diakonissen, was zu Verwechslungen führe. Schneider reagierte sofort und änderte die Tracht noch im Dezember dieses Jahres. Dadurch wurde das Ordinariat auf sein bisheriges eigenmächtiges Vorgehen aufmerksam. Es fragte nach den Gründen für die Einführung der neuen Tracht, die seiner Meinung nach zu stark an Ordensfrauen erinnerte. Außerdem wollte es wissen, ob Schneider den Schwestern tatsächlich Gelübde abnehme; dazu sei die Erlaubnis des Bischofs und eventuell die Genehmigung Roms nötig. In seiner Antwort erläuterte Schneider die Gründe für die Änderung der Tracht und wies darauf hin, dass die Gelübde rein privat seien; es sei den Schwestern auch bewusst, dass sie keiner geistlichen Genossenschaft beigetreten seien, sondern einer weltlichen Vereinigung. Trotzdem wurden die Marienschwestern 1869 im Breslauer Schematismus aufgeführt.

 

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