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      Ks. dr Jan Górecki

 

Dienerin Gottes
Schwester Maria Dulcissima
- Helena Joanna Hoffmann


       Wir sind heute in diesem Sanktuarium angekommen, um noch einmal über den Glauben mit dem Heroismus der Heiligkeit der Dienerin Gottes Schwester Dulcissima in Berûhrung zu kommen.

       Sie ist am 7. Februar 1910 in Eintrachthütte, heute Świętochłowice-Zgoda, in einer Arbeiterfamilie geboren. Die Sakramente der Taufe, der Busse und Eucharistie empfing sie in der nicht mehr bestehenden St. Josef-Kirche in Zgoda. Ihr Vater war ein gutherziger Mensch, jedoch streng, manchmal zu streng, sogar seiner Ehefrau und seinen Kindern gegenüber. Deshalb sollten wir uns darüber nicht wundern, daß später die Schwester Dulcissima schreiben wird: Bereits in früher Kindheit war mein Wille gebrochen.1 Diese Strenge hat sie nicht entmutigt, sondern zu noch gröBerem Gehorsam den Eltern gegenüber angespornt. Dem Elternhaus verdankt sie ihren tiefen Glauben, Hochschätzung und die richtige Einstellung der menschlichen Arbeit gegenüber, und überdies eine große Empfindlichkeit gegen Leiden und Krankheiten der anderen.

       Die Lehre in der katholischen Volksschule in Zgoda begann sie im April 1916, und schloß am 1. Dezember 1923 ab. Sie galt als eine sehr arbeitsame und vorbildhafte Schülerin. Sowohl zu Hause als auch in der Schule lernte sie mit großem Eifer Kathechismus und biblische Geschichte. Im Zentrum ihrer biblischen Interessen stand die Person Jesu Christi. Daher ihre häufigen Besuche des Herrn Jesu in der Kirche, wo sie vom Tabernakulum nicht die Augen lassen konnte. Sie hat auch die Mutter Gottes nicht vergessen, deren Bild sich in der Zgodaer Kirche befand.

       Als kleines Mädchen warf sie Blumen vor Jesu in der Eucharistie zum Fronleichnamsfest. Nach Jahren erklärt sie das symbolisch, indem sie sagt, daß unsere Seelen so rein sein sollten wie diese Blumen.

       Zu Hause stickte sie Chorröcke, wobei sie jeden Stich dem Herrn Jesu widmete. Sie half auch armen Familien und den Marienschwestern der Unbefleckten Jungfrau. All das tat sie, um - wie sie selber sprach - Gott und den Menschen Freude zu bereiten. Außerdem half sie den Kranken, die sie auf Schritt und Tritt wahrgenommen hat. Dieses Wahrnehmen der Kranken und Armen war das besondere Charisma von Helena. Die Hilfsbereitschaft hat sie von ihren Eltern geerbt und dies entsprach der Spiritualität des Gründers der Kongregation der Marienschwestern der Unbefleckten Jungfrau.

       Helenas Vater verstarb früh, im Alter von 32 Jahren. Helena war damals 10 Jahre alt. Den Tod ihres Vaters verstand Helena nicht. Sie kam zum Grab ihres Vaters und dort weinte sie. Bevor sie ins Kloster ging, erschien się zum letzten Mal auf dem Friedhof und erklärte am Grab des Vaters ihren Nächsten, daß sie in die Kongregation der Marienschwestern der Unbefleckten Jungfrau geht. Helenas Mutter heiratete zum zweiten Mal - entsprechend dem Wunsch des Verstorbenen ihren Schwager Franciszek.

       Helenas Innenleben beeinflußten in einem großen Maße die Marienschwestern der Unbefleckten Jungfrau, die ihr Klostergebäude in Zgoda hatten und dort der Pfarrgemeinde dienten, indem sie den Kindergarten und das Ambulatorium führten und die Kranken pflegten.

       Der Geistliche Rat Edward Adamczyk brachte nach Zgoda vor dem I. Weitkrieg zuerst die Borromäusschwestern und danach die Marienschwestern der Unbefleckten Jungfrau. Er verstand, daß die dortige Industriegesellschaft einen anderen Geist, andere Dimension benötigt, daß sich die Kirche in den Zeiten der sich rasant entwickelnden Industrie an den Arbeiter nähern muß, um einer Laizisierung und Dechristianisierung der oberschlesischen Bevölkerung vorzubeugen. Und dieses Verständnis zeugt von der seelsorgerischen Größe Adamczyks.

       Die Arbeit der Schwestern beobachtete die kleine Helena, die sehr oft ohne Einwilligung der Mutter Kranken, Armen und Verlassenen half. Sie hatte ein Herz voller Mitleid für die Armen, und zugleich war sie ein kleiner Strolch.

       Im Alter von 10 Jahren empfting sie Herrn Jesus in der heiligen Kommunion und zu diesem Zeitpunkt traf sie die Entscheidung, im eigenen Herzen eine Kapelle für Herrn Jesu zu errichten. Den Tag der Ersten heiligen Kommunion erlebte sie sehr tief, indem sie den Eucharistischen Jesu betrachtete. Hier kann man die Worte des heiligen Paulus anführen, die auch die Worte von Helena waren Ich erkannte alles als Unrat, um Christus dadurch zu gewinnen (Phil. 3,8).

       Die Tatsache, die über die weitere Religiosität von Helena entschied, war das Finden auf dem Felde zwischen Zgoda und dem heutigen Neubeuthen des Medaillons einer Nonnen, die sie zuerst nicht erkannte. Erst später, als sie in Helenas Träumen erschien, wurde sich Helena dessen bewußt, daß es die heilige Theresia aus Lisieux vom Kinde Jesu ist, die Verfasserin des sog. Kleinen Weges zur Heiligkeit oder Des kleinen Geheimnisses. Diese Heilige übte auf die Geistigkeit Helenas einen sehr großen Einfluß aus. Es stellte eine neues Ausmaß in ihrem geistigen Leben dar.

       Die heilige Teresia fügte dem menschlichen Dasein am Ende des XIX. Jahrhunderts eine neue Dimension zu. Sie machte durch ihr Leben diskret darauf aufmerksam, daß man jede Situation eines Tages heiligen sollte. Jeder Kairos einer Weile ist wertvoll für unsere Aufopferung und Erlösung.

       Als Helena am 27. Mai 1927 das Sakrament der heiligen Firmung empfang, wählte sie den Namen Teresia, und knüpfte dadurch an die heilige Teresia aus Lisieux an. Einerseits wurde sie sich dessen bewußt, daß sie ab diesem Augenblick noch intensiver von dem Heiligen Geist inspiriert werden sollte, andererseits war die Wahl der heiligen Teresia ein Beweis für die weitere Entwicklung des schon begonnenen Kultus dieser Heiligen. Seit dieser Zeit gelangt Helena in den Kreis der Denkweise der hl. Teresia. Ihr Leben verbindet sich immer mehr mit dieser Heiligen und mit ihrem Begreifen der Heiligkeit. Wenn ich die hl. Teresia vom Kinde Jesu nicht hätte, die mich belehrt und gemahnt hat, wäre ich heute nicht in dem Kloster - sagte Schwester Dulcissima.2

       Nach der Firmung trat Helena in die Marianische Kongregation ein. Ihr Weg ins Kloster war schwer, und diese Schwere gab es seitens der Mutter, der Umgebung und auch wegen der Versuchungen des bösen Geistes, von dem sie ständig geprüft wurde. Alles verschwor sich irgendwie gegen sie. Ungeachtet dessen wurde sie am 7. Dezember 1928 in die Kongregation der Marienschwestern der Unbefleckten Jungfrau aufgenommen. Als Kandidatin opferte sie sich gänzlich auf, beinahe verbrannte sie sich in ihrer Liebe für Gott, gleichzeitig zeigte sie eine große Hilfsbereitschaft den Mitmenschen gegenüber. Sie eignete sich nicht nur für das Verrichten der Alltagspflichten im Kloster, sondern auch für jegliche Dienste bei den Kranken. Die Kranken waren besondere Empfänger ihrer Liebe, die ihr durch Teresia vom Kinde Jesu beigebracht wurde. Diese Liebe lernte sie ebenfalls in dem Elternhaus kennen.

       Über das Erhalten durch die Generaloberin M.Klotylda des Kragens der Postulantin, gerade über diese Geste, näherte sie sich sehr ihrem Bräutigam, sie verspürte auch tief ihre Zugehörigkeit zu der Kongregation der Marienschwestern der Unbefleckten Jungfrau.

       Sie wohnte in Breslau, Neisse, Świętochłowice-Zgoda. Am 17. März 1928 trat sie ins Postulat in Preslau ein. Im Noviziat schrieb sie das Büchlein Moja kapliczka (Meine Kapelle). Das Büchlein ahmte Dziennik duchowy (Das geistige Tagebuch) der hl. Teresia aus Lisieux nach. Das Tagebuch der Schwester Dulcissima beinhaltet eine Darstellung ihres Weges zu Gott. Es ist ein Dokument, in dem sich ihr geistiges Gelangen zu Ihm widerspiegelt. Sie sehnte sich danach, eine Heilige zu werden. Ihr Ziel wollte sie erreichen durch die Treue zur Kirche, durch das Gebet in der Meinung der Priester, der Kirche, des Papstes, in der Meinung der Kongregation - der Oberinnen und der Mitschwestern, der Sünder, der im Fegefeuer leidenden Seelen sowie durch die den Mitmenschen entgegenbrachte Hilfe. All dies tat sie nach den Worten Christi: All was ihr einem dieser kleinsten Brüder getan habt, habt ihr mir getan sowie nach dem Leitsatz des hl. Augustinus: Geh durch den Menschen, und du wirst zu Gott kommen. Der Mensch stellte für sie schon zu dieser Zeit einen Weg der Kirche dar. Deswegen hat ihr Leben eine durchaus ekklesiale Dimension.

       Zu der Heiligkeit kommt man durch das Opfer. Auf diesem Weg gibt es keine Komprommisse, das Bild Gottes muß ständig in der Seele geschont werden, das Böse und die Sünde müssen absterben, so daß ein ganz neuer Mensch geboren wird, ein Mensch, der die Gebote des Herrn schützt. Denn die Sünde hindert den Menschen auf seinem Weg zur Heiligkeit und stört ihn in seiner geistigen Entwicklung. Die Sünde bringt in das menschliche Dasein das Mysterium iniquitatis (Geheimnis des Unrechts).

       Die kleine Klosterkapelle in Hohenbirken (Brzezie) ist für Schwester Dulcissima zum Raum der Heiligkeit geworden, zum mit Gott erfüllten Raum, der Liebe ist. Das war genius loci (Genius des Ortes), der eine unwiederholbare Stimmung ausstrahlte. Die Kapelle in Brzezie ist ein Symbol des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe zu Gott und zu den Menschen, es ist ein Ort der Erfahrung des Glaubens und dessen Durchdringung. Dieser Ort übt wirklich seinen Einfluß auf die Pilger aus durch sein Sacrum, weił genius loci sich immer mit der Authentizität des Glaubens von Schwester Dulcissima verbindet. Dieser Ort war eine Art Himmel, also geistiger Raum der Gemeinschaft mit Gott.

       Schwester Dulcissima erlebte verschiedene psychische Leiden, die sog. Tage des Gethsemani-gartens, und trotzdem hob sie den Kopf zum Sternenhimmel empor.

       Kurz darauf, nachdem sie das Klosterleben begonnen hatte, stellte man bei ihr einen Gehirntumor fest. Diese Krankheit tauchte nach einem Treppensturz auf. Schwester Dulcissima litt an Gehör-, Gedächtnis- und Sprechstörungen. Infolge der Lähmung konnte sie sich nicht selbständig bewegen. Sie erblindete. Man hat sie "die Schlesische kleine Theresia" genannt.

       Als Helena Hoffmann ins Kloster eintrat, war sie völlig gesund, was auch ärztliche Zeugnisse beweisen. Die Krankheit begann 1928. Weil die Vorgesetzten mit dem frühen Tod der jungen Klosterfrau rechneten, erlaubten sie bereits während des Noviziats, im August 1931, das bedingte Gelübde abzulegen. Schwester Dulcissima legte außer dem Gelübde der Keuschheit und Armut auch das Gelübde der ewigen Liebe ab.

       Die erste Ordensprofess legte die Gottesdienerin S.M. Dulcissima am 18. ApriI 1932 ab. Im Jahre 1932 opferte sie Gott ihre Augen, indem sie Ihn bat, daß der Heilige Vater der Verfassung der Kongregation zustimme. Die Nächte erfüllte das Leiden, Gebet, aber auch Versuchungen.

       Am 18. Januar 1933 kam sie ins Klosterhaus in Hohenbirken. Hier verstärkten sich ihre Leiden, zugleich aber auch das Verlangen nach dem Ausführen des Willwens Gottes. Wie die hl. Teresia aus Lisieux opferte Schwester Dulcissima ihre Leiden in der Meinung der Kongregation - der Mitschwestern wie auch der Sünder und der im Fegefeuer leidenden Seelen.

       In das Leben der Schwester Dulcissima trat Christus mit seinem Kreuze - man stellte "eine Geschwulst auf dem Gehirn". Sie sah ein, daß sie durch diese Krankheit apostolisch auf die anderen einwirken kann. Insbesondere vergegenwärtigte sie sich den Sinn ihres Leides am I. Freitag des Monats und während der Kirchenfesttage der Mutter Gottes. Ihre Leiden hielt sie für eine Kleinigkeit. Sie pflegte zu sagen, daß alle, sogar die kleinsten in jeder Situation ertragenen Leiden einen besonderen Wert für Gott haben. Somit wurde das Jahr 1933 zum Jahr des besonderen Verstehens ihres Apostolats. Über den Inhalt des Kreuzweges, den sie betrachtete, bekam sie einen tiefen Einblick in das Geheimnis der Leiden Christi. Sie erhält von Gott ebenfalls verborgene Stigmata. Desto tiefer gelangt sie in die Geheimnisse der Leiden Christi. Zum Leben der Schwester Dulcissima gehörte das Kreuz. Deswegen verwundert es nicht, daß man sie "Braut des Kreuzes", die durch den Klosteralltag geheiligt wurde, oder "Kind der Gnade" nannte.

       Trotz der fortschreitenden Krankheit wurde sie von den Klostervorgesetzten, die ihre wahre Berufung erkannt hatten, zu den ewigen Gelübden zugelassen, die sie am 18. April 1935 ablegte.

       Ihre Leiden bezeichnete sie als unbedeutsam im Vergleich zu den Leiden der anderen. Es ging ihr unter anderem auch darum, im Leiden die Freundschaft mit Gott nicht zu verlieren. Sie wollte ständig seine Nähe, eine immerwährende Vereinigung mit Ihm.

       Im Anfangsstadium der Krankheit gab es Augenblicke, in denen sie sich beschwert hatte, aber als die Krankheit nicht nachlassen wollte, hörte sie weiterhin auf Gott, indem sie sagte: Mag Gott mich lassen nur ein Opfer zu sein, ohne diesen dummen menschlichen Starrsinn.3 Den Leiden begegnete sie, ohne sich über jemanden zu beschweren, sie freute sich sogar darüber. Sie fand sich mit dem Willen Gottes ab. Als sie schon schwer durch die Leiden im Kloster in Brzezie an der Oder geplagt wurde, ging sie ins Halbgeschoß hinunter, wo się vor der Figur des hl. Josefs niederkniete und durch das offene Fenster Herrn Jesu in der Klosterkapelle anbetete. Dort konnte man sie immer antreffen. Eben dort übergab sie ihre Leiden dem Eucharistischen Jesus.

       Die Krankheit schritt fort. Schwester Dulcissima kniete nachts am Bett oder lag in einer Ecke des Zimmers. Sie betete und weinte. Für das Leiden dankte sie Gott. Der Erlöser ist gut. Ich erhielt ein neues Geschenk: ich habe schwere Zunge und schwere Hand. Aber das macht nichts. - sagte sie.

       Gegen Ende ihres Lebens begannen an den Händen, Beinen und an der Schwester Dulcissima die Stigmata zu erscheinen - besondere Zeichen der Liebe Gottes. Trotz des stets anhaltenden hohen Fiebers und der Kopfschmerzen hatte się prophetische Visionen, die den aufziehenden Krieg betrafen. Aber sie beruhigte die Einwohner von Brzezie, daß sie nichts zu fürchten haben, weil die Kriegswirren nicht in das Städtchen gelangen.

       In der Chronik Mutterhaus der Marienschswester Breslau (1914-1950) lesen wir den folgenden Satz: Schon im ersten Jahr ihres Klosterlebens wurde sie mit schwerer Krankheit betroffen. Alle Leiden ertrug siw mit großer heroischer Geduld und mit völliger Hingabe dem Willen Gottes. In diesen kurzen Sätzen ist der Wert ihers Lebens enthalten.

       S.M.Dulcissima verstarb mit Gottes Willen vereint am 18. Mai 1936 in Brzezie an der Oder. Zu Lebzeiten war sie bei den Einwohnern von Brzezie sowie von den Mitschwestern beliebt. Den Schwestern gegenüber war sie freundlich und brachte ihnen große Hochachtung entgegen. Der Kaplan nannte sie "Engel des Friedens".

       Nach dem Tode wurde sie spontan mit Kult umgeben. Ihr Grab war und ist immer voller Blumen und Grablichter. Die Leute nahmen die Erde von ihrem Grab, um ihr Eigentum zu sichern, und ebenfalls zu den eigenen Zwecken. Die Erdeklümpchen nahmen sogar die Russen mit, die nach Hause zurückkehren wollten. Die Schulkinder bewahrten die Erde in Federkästen auf. An ihrem Grab empfehlen viele Leute ihre Lebenskummer. Es tauchen immer wieder neue Zeugnisse von Gnaden auf, welche die Leute bei Gott dank der Fürsprache von Schwester Dulcissima erbetet haben. Zu ihrem Grab kommen Leute aus verschiedensten Gesellschaftsschichten und im verschiedenen Alter sowohl Kinder als auch ältere Personen. Man hört immer die an Kinder gerichtete Frage: "Hast du schon an der heiligen Schwester gebetet?"

       Die Leute kommen zu ihrem Grab und bitten um Gesundheit - um ein Wunder. "Auf sich" (so spricht man hier über sie) nimmt Schwester Dulcisima ihre Krankheiten und Kummer. Auf ihrem Grab ist die ganze Zeit Feuer. Frau Maria Sochiera sagt, um was auch immer die Angekommenen hier Schwester Dulcissima bitten, immer werden sie erhört.

       Die Grabschriften knüpfen meistens an das Leben der verstorbenen Person an, und drücken auch das Zeugnis ihres Glaubens aus. Auf dem Grab der Schwester Dulcissima war ein Kreuz, und auf dem Kreuz die folgende Inschrift: Wenn ihr nicht werdet wie Kinder, könnt ihr nicht hineingehen in das himmlische Reich (Mt 18, 3).

       Um auf den früheren Gedanken wieder zu kommen, muß man sagen, daß der Weg der Schwester Dulcissima demjenigen der hl. Theresia vom Kinde Jesu änlich war. Oft wiederholte Schwester Dulcissima nach der hl.Theresia: Ich bin ein kleiner Ball in Gottes Hand; ich bin ein Null. Ein neuer Zug der Heiligkeit von Schwester Dulcissima ist die Heiligung der Menschen durch ihr Leiden. Das hilft einfach den anderen über das Leiden. In ihrem Leben hat sie heroische Geduld im Leiden unter Beweis gebracht. Sie hat sich grenzenios Gott anvertraut. Ihre Geistigkeit hat trinitäre Dimension. Sie hat sich völlig der Allerheiligsten Dreifaltigkeit geopfert, indem sie am Sonntag der Allerheiligsten Dreifaltigkeit urn die Gabe der Berufung gebeten hat.

       Das Leben der Schwester Dulcissima war durch den Hl. Geist inspiriert, Maria ("Gefäss des Hl. Geistes") und Hl. Theresia. Sie schritt durchs Leben über den Weg der Wahrheit, also Christus. Sie war sich dessen bewußt, daß Christus das Fundament ist, und alle an Christus Glaubenden lebendige Steine. Deshalb baute sie das Haus ihres Glaubens auf dem Felsen, der in seiner Kirche lebende Christus ist. Und die Kirche ist der in uns allen lebende Christus. Indem sie ein gut leserliches äußeres Zeugnis war, ein Zeugnis Christi über die Sünde, den Tod und den Satan, ging sie für immer in die Geschichte der Heiligkeit in Schlesien ein. Über ihr heroisches Leben ruft się zu uns: Ihr sollt glauben, daß Gott die Liebe ist. Habt keine Angst vor Leiden, vor dem Kreuz, weil das Kreuz den Weg zur Erlösung bedeutet.

       Man möchte nach dem Schweizer Theologen, Walter Nigg, wiederholen: Die Heiligen kommen wieder zurück. Der heutige Mensch, der sich für die Gestalten der Heiligen nicht interessiert, verliert den Kontakt zu Gott, zu sacrum. Die Heiligen nämlich folgten Christus nach und auf diese Weise gewannen sie die Orientierung in ihrem Leben. Zu ihnen gehörte die Dienerin Gottes S. M. Dulcissima - Helena Hoffmann.

       Die Heiligen sind da, um die anderen zu beschämen. Die Heiligen sind gewöhnliche Menschen, die ihr Leben auf dem Felsen bauten. Und der Felsen ist der Wille Gottes. Die Heiligen sind mutige Menschen, die ihren Glauben nicht verborgen hielten.

       Die Menschen einfachen Herzens können Jesus verstehen. Zu solchen Menschen gehörte Schwester Dulcissima, die zu sagen pflegte, daß man ein für Gott offenes Fenster sein sollte. Und sie war ein solches Fenster. Sie war kein Spiegel, in dem sie nur sich selbst sehen würde. Sie war ein auf Gott orientiertes Fenster. Christus war für sie der Bezugspunkt und der höchste Wert.

       Zu dem absoluten Wert, den Gott darstellt, kommt man auf Knien, so wie es S. Maria Dulcissima in ihrem ganzen Leben gemacht hat, und besonders während ihrer Krankheit. Das Kreuz der Krankheit war für sie der Bewunderung wert. Der hl. Johannes aus Damaskus schrieb, daß alles, was Christus getan hat, jedes Werk, der Bewunderung wert ist, und vor allem das Kreuz. Das Kreuz soll man tragen, indem man seinen Sinn und sein Ziel versteht.

       Schwester Dulcissima wollte keine Außergewöhnliche sein, und eben das ist außergewöhnIich. So wie die Seelsorge auf eine außergewöhnIiche Weise verwirklicht werden soll, so besteht die Heiligkeit im gewöhnlichen Leben, das auf eine außergewöhnIiche Weise läuft. Sie hielt sich an eine feste Tagesordnung, und diese Ordnung half ihr, der lateinischen Sentenz nach: Halte dich an eine feste Ordnung, so wird dich diese Ordnung retten.

       Die hl. Theresia lehrte das ganze Leben lang Schwester Dulcissima das Aufwachsen in der Gnade bei Gott und den Leuten, sie lehrte sie in den Jahren aufzuwachsen, und nicht vor Gott zu altern. Wenn wir uns die Leiden der Schwester Dulcissima näher anschauen, kommen wir zu dem Schluß, daß sie mit ihrer ganzen Haltung ihr Leiden akzeptiert hat, indem sie es auf den Leidenden und Auferstandenen Christus bezog. Indem der Mensch Christi Leiden über den Glauben entdeckt, entdeckt er in Ihm sein eigenes Leiden, das mit einem neuen Inhalt und mit einer neuen Dimension gekennzeichnet ist. Die Akzeptanz des Leidens ist nur dann möglich, wenn ich Jesus Christus nachfolge. Diese Nachfolge wiederum vollzieht sich nicht einfach, sondern manchmal nach einem inneren Kampf mit sich selbst und mit Gott, wenn es zu dem sog. "Hadern mit Gott" - um nach dem polnischen Dichter Julian Tuwim zu sprechen - kommt. Die Unterordnung seines eigenen Willens dem Willen Gottes ist die finale Leistung dieses Ringens.

       Schwester Dulcissima akzeptierte ihre Leiden nicht nur, um zu der eigenen Heiligkeit zu gelangen, sondern sie akzepterte sie für andere; für die Kirche, für die Kongregation, besonders für die Priester.

       Wie sehr ist ihre Haltung dem Inhalt der Worte von St. Paulus aus dem Brief an die Kolosser entspricht: Jetzt freue ich mich in den Leiden, die ich für euch ertrage. Für den Leib Christi, die Kirche, ergänze ich in meinem irdischen Leben das, was an den Leiden Christi noch fehlt. (Kol. l, 24).

       Es ist einfacher, sein Leben für andere zu opfern, als ihre Leiden auf sich zu nehmen. Das ist die höchste Stufe der christlichen Haltung dem Leiden gegenüber. Immer häufiger kommt es zum Selbstmord der Leute, die panische Angst vor dem Leiden haben. Sie haben keine Angst vor dem Tod, aber sie haben Angst vor dem Leiden. Vor diesem Hintergrund ist die Haltung der Schwester Dulcissima heroisch und verdient es, zur Ehre der Altäre erhoben zu werden.

       Im Brief des P. Biedrzycki von der Kongregation der Hl. Familie lesen wir: Schwester Dulcissima war ein einfaches, anspruchloses Mädchen und Nonne ohne Ehrgeiz, sie hat in ihrem Leben nichts besonderes geleistet, aber sie hat nur das Gott zuruckgegeben, was sie von Ihm erhalten hat, das ist sich selbst. Nur soviel, und doch alles, denn mehr kann man nicht mehr geben.

       Schwester Dulcissima schaute auf jeden über die Liebe zu Gott. Się war sehr barmherzig. Się wollte, daß es den Leuten gut geht. Die Größe des Menschen soli man nach der Größe des Herzens messen. Sie hat der Kirche das Charisma der Liebe hinterlassen.

       Schwester Dulcissima säte am Anfang des 20. Jahrhunderts in Schlesien den Korn des Glaubens. Heute sammeln wir auf diesem Feld die Körner der Wahrheit, die man mit Freude pflegen muß.

       Ein wichtiger Beitrag zur Seligsprechung der Schwester Dulcissima ist die Beständigkeit und Dauer des Kultus. Der Kult dauerte und dauert weiter an. Zu ihrem Grab kommen Leute, die sie nicht kannten, und nur der Stärke der Tradition getraut haben, der Macht des Phänomens Glauben geschenkt haben, dessen Name Schwester Dulcissima ist.

       Von der dauernden Verehrung zeugen auch die Messintentionen, die von den hiesigen Pfarrkinder bestellt werden. Das ist eine von ihnen: Mit der Bitte um die Erhebung zur Ehre der Altäre der Schwester Dulcissima.

       Auch in der Gemeinschaft der Schwestern der Kongregation der unbefleckten Jungfrau Maria herrscht bis auf den heutigen Tag die allgemeine Überzeugung, daß Schwester Dulcissima heilig ist, daß viele Schwestern dank ihrer Fürbitten die ersehnten Gnaden erhalten. Auf Grund dieser Bemerkungen kommen wir zu der Feststellung, daß dieser Kultus eine von unten kommende spontane, von niemandem inspirierte Bewegung ist. Sie selber steht hinter dieser Bewegung und erbetet für uns notwendige Gnaden, weil sie schon in der Nähe Gottes ist.

       Heute verspüren wir deutlich ihre Führsprache, die in den über ihre Fürbitten zustande gekommenen Wundern zum Ausdruck kommt, obwohl wir gegenwärtig noch nicht alle Pläne Gottes ergründen können, die Er mit Schwester Dulcissima in Verbindung brachte.

       Die hl. Teresia vom Kinde Jesu lebte nur 27 Jahre. Als sie seliggesprochen wurde, sagte eine ihrer Mitschwester, die in der Küche arbeitete:

       Sie hat nichts besonderes getan, sie war krank an der Tuberkulose und sie betete nur. Dasselbe kann man auch von der Schwester Dulcissima sagen, die 26 Jahre gelebt hat: Sie hat nichts besonderes getan, sie war krank, litt sehr und sie betete nur. Aber kann man tatsächlich sagen "nichts besonderes" und "nur"?

 

Ks. dr Jan Górecki           

 

Przypisy:

       1 O. J. Schweter, Oblubienica Krzyża. Sługa Boża S.M. Dulcissima Hoffmann (1910-1936), Katowice 1936, S. 10.       
       2 O. J. Schweter, Oblubienica Krzyża..., S. 24.       
       3 Archiwum Sióstr Maryi Niepokalanej, Katowice, pozycja 50.

 

 

 


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